Mit dem Digibus autonom bergauf und bergab – oder doch nicht?

Der Donnerstag auf der AGIT (06.07.17) stand ganz im Zeichen des Autonomen Fahrens. In verschiedenen Vorträgen stellten Ministerien, Forschungseinrichtungen, Hersteller, Autobahnbetreiber, Datenprovider und andere ihre Sicht der Dinge zu den Fragen „Wer wird zukünftig den Verkehr steuern?“, „Wie wird der Verkehr gesteuert?“ und „Lässt sich der Verkehr steuern?“ dar.

Damit aber nicht genug: Am Freitag bot die Uni Salzburg eine Probefahrt im „Digibus“ an.

Seit Mai finden in der Salzburger Gemeinde Koppl die ersten Testfahrten mit einem autonomen Minibus auf öffentlichen Straßen statt. Salzburg Research ist die erste Organisation in Österreich, die Testfahrten mit einem autonomen Fahrzeug auf öffentlichen Straßen auf Basis der AutomatFahrV durchführt [1].


Salzburg Research forscht seit über zehn Jahren am Thema Mobilität. Im Fokus stehen neue Informations- und Kommunikationstechnologien, die bei Orientierung, Routenwahl, intelligenter Verkehrssteuerung und Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs unterstützen. Im Bereich öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) hat sich die Erschließung der sogenannten „letzten Meile“ (z. B. der Weg von einer Bahnstation zum Fahrtziel) immer wieder als kritischer Aspekt für die Kundenakzeptanz herausgestellt. Im Rahmen des Aktionsplans „Automatisiertes Fahren“ arbeitet die Salzburg Research Forschungsgesellschaft seit Dezember 2016 an der Sondierung einer österreichischen Testumgebung für den automatisierten öffentlichen Personennahverkehr in Salzburg, mit dem Schwerpunkt „letzte Meile“ [2].


Das Testfahrzeug stammt von der französischen Firma Navya. Es handelt sich dabei um das Modell „Arma“, das als intelligentes, elektrisch betriebenes Shuttle für bis zu 15 Personen konzipiert wurde. Der Minibus kann auf einer vorgegebenen Teststrecke in der Gemeinde Koppl (ca. 10 km von der Stadt Salzburg entfernt) im Mischverkehr automatisiert fahren. Für den Betrieb im öffentlichen Raum ist vorerst die Mitfahrt einer Kontrollperson, die das Fahrzeug gegebenenfalls stoppen kann, vorgesehen. Die rund 1,4 km lange Testfahrt findet zwischen der Bushaltestelle „Koppl Sperrbrücke“ auf der B 158 (Linie 150) und dem Ortszentrum von Koppl statt [2].

Ich bin mit der ersten Gruppe direkt an der Sperrbrücke gestartet. Nach den obligatorischen Fotos und Selfies durften sieben Personen zusteigen. Hinzu kamen zwei Kollegen von Salzburg Research. Für mehr Fahrgäste ist der Bus aktuell nicht zugelassen bzw. mehr Personen darf die Kontrollperson mit einem normalen B-Führerschein nicht transportieren.

Mit 15 bis 20 km/h ging es den Berg hinauf in Richtung Ortszentrum, während wir uns die Technik und Steuerung des Digibusses erklären ließen. Der klimatisierte Minibus fährt bisher keineswegs voll autonom: Vor jedem Abbiegevorgang muss die Kontrollperson kurz am Bildschirm des eingebauten Windows-PCs bestätigen, dass die Straße frei ist – und nötigenfalls eingreifen, wenn sich daran etwas verändert. Falls notwendig kann die Kontrollperson die Steuerung auch komplett übernehmen, wenn bspw. an einer schlecht einsehbaren Stelle ein Hindernis (parkendes Auto o. ä.) umfahren werden muss. Dazu dient der Controller einer X-Box.

An der Endhaltestelle wurde unsere Ankunft gleich gefilmt. Weiter ging es für die nächste Gruppe – einmal den Berg hinunter und dann wieder hinauf. Soweit der Plan. Hinunter ging es auch problemlos, doch an einem steileren Stück des Anstiegs reichten die 33 kWh offensichtlich nicht mehr aus, um den vollbesetzten Bus inklusive laufender Klimaanlage weiter zu befördern. Also stiegen einige Gäste aus und liefen ein Stück zu Fuß, bevor sie auf einem geraderen Wegstück wieder zusteigen konnten. Vermutlich blinken deswegen auf dem Video auch die Augen – äh Scheinwerfer – des Minibusses.

Die dritte Gruppe wollte eigentlich die gleiche Runde drehen, damit wir auch nochmal begab fahren können – hier machte der Digibus am Fuß des Berges aber endgültig schlapp und so sammelten wir den Rest der Gruppe dann doch wieder ganz klassisch mit dem Reisebus ein, um unseren Rückweg anzutreten.

Die Technik ist sicherlich noch nicht ausgereift, schließlich muss der Bus auch bei hohen Temperaturen, mit laufender Klimaanlage und bei voller Besetzung mit 15 Personen mehr als zwei Fahrten schaffen. Unter „Optimalbedingungen“ sollten es auch aktuell 10 Stunden sein. Aber genau deswegen gibt es ja den Testbetrieb. Nichtsdestotrotz eine interessante Erfahrung, den Bus im realen Straßenverkehr zu erleben und z. B. zu sehen (und zu spüren), wie er bremst, wenn ein überholender Pkw in seine Sicherheitszone einschert. Bisher hatte ich nur auf der Cebit in Halle 1 auf eine reinen Indoor-Teststrecke die Möglichkeit, einen solchen Bus zu testen.

Wer aus der Nähe von Salzburg kommt und nun auch zusteigen möchte, hat das nächste Mal am Gemeindefest in Koppl am 16.07.17 von 13 bis 16 Uhr die Gelegenheit dazu.

Viele Grüße,
Annika Fritzsch

P.S.: Auch das Trinkwasser auf der AGIT kam übrigens aus Koppl:


Quellen:

[1] http://agit.at/autonomesfahren2017 (abgerufen am 07.07.17, 08:47 Uhr)

[2] https://www.salzburgresearch.at/digibus-testfahrt-selbstfahrender-minibus/ (abgerufen am 07.07.17, 08:47 Uhr)